Behandlung Mythen und Aberglaube

Im Laufe der Kinderwunschzeit und der Kinderwunschbehandlung hören viele Menschen von vermeintlichen Tricks, die helfen sollen, schneller schwanger zu werden: in den Urlaub fahren, das Becken nach dem Sex hochlegen, den Rosenquarz auf dem Bauch legen oder nach dem Transfer Pommes essen. All das sind Beispiele für Mythen in der Kinderwunschzeit, die sich leider hartnäckig halten.

Die Kinderwunschzeit ist eine Situation, in der der eigene Einfluss begrenzt ist. Es gibt gewisse Stellschrauben wie Gewicht oder Rauchen, doch auch als normalgewichtige:r Nichtraucher:in gibt es keine Garantie für eine Schwangerschaft und ein Kind. Das löst bei vielen Menschen Gefühle von Ohnmacht und Hilflosigkeit aus. Diese Gefühle wiederum sind starke Antreiber, um nach Lösungen und Einflussnahme zu suchen. 

Eine Hand mit gekreuzten Fingern
© iStock / Yurii Yarema

Rituale gewinnen meist in Situationen an Bedeutung, die Unsicherheit und vor allem Ohnmacht auslösen. Für viele ist das beim Kinderwunsch der Fall. Sie würden gerne noch mehr tun, damit es schneller klappt, aber wissen nicht was. In den allermeisten Fällen gibt es auch nichts, was sie noch tun könnten. In dieser Gefühlslage geben Rituale ein gewisses Sicherheitsgefühl und nehmen die Ohnmacht. Leider helfen solche Rituale, wie eine Pommes nach dem Transfer essen oder in den Urlaub fahren, nicht. Wäre dies tatsächlich der Fall, würden Ärztinnen und Ärzte dies im Rahmen der Behandlung empfehlen.

Diese Mythen halten sich dennoch hartnäckig. Das liegt daran, dass zwei Dinge, die zeitlich nah zusammen liegen, als zusammenhängend und ursächlich füreinander betrachtet werden. Ein Paar fährt in den Urlaub und kommt schwanger zurück. Da liegt der Gedanke nahe, dass es am Urlaub liegt, weshalb es nun geklappt hat. Zwei Dinge, die zeitlich nah zueinander passieren, müssen allerdings weder etwas miteinander zu tun haben, noch muss eines davon die Ursache für das andere sein. Insbesondere wenn die Fruchtbarkeit bei einem oder beiden Partnern teilweise vorhanden ist, oder wenn gar keine Ursache bekannt ist, kann immer eine Schwangerschaft entstehen. Die genaue Wahrscheinlichkeit ist leider unklar und auch, was genau in dem betreffenden Zyklus dazu geführt hat. Und das ist ein Zustand, den die menschliche Psychologie nicht gut annehmen kann. Es fühlt sich dann besser an, zu sagen „Es muss am Urlaub gelegen haben“ als „Wir wissen nicht, woran es lag.“ In jedem Fall haben Paare insgesamt im Urlaub mehr Zeit und Muße für Sex, sodass die Beobachtung insgesamt stimmt, dass im Urlaub mehr Schwangerschaften entstehen. Als gezielte „Behandlung“, wenn medizinische Ursachen vorliegen, eignet sich der Urlaub aber nicht. 

Vielen ist in der Kinderwunschzeit klar, dass diese Mythen oder Rituale vielleicht nicht wirklich helfen. Der Wunsch nach Einfluss und Kontrolle ist groß. Die gute Nachricht ist, dass die meisten davon auch nicht schädlich sind, wie zum Beispiel der Urlaub. Wenn allerdings zum Beispiel die ganze Hoffnung in eine Ernährungsweise, eine Diät oder ein Naturheilverfahren gesetzt wird und Anbieter der Verfahren dazu raten die medizinische Behandlung zu verschieben bis das jeweilige Verfahren abgeschlossen ist, dann entstehen sogar zusätzliche Risiken. Es kann wertvolle Zeit verloren gehen, insbesondere bei Frauen die schon 35 Jahre oder älter sind. Sich in Behandlung zu begeben und Hilfe anzunehmen ist meistens schwer. Allerdings startet jede Behandlung mit einer Beratung und erst danach entscheiden Sie über die nächsten Schritte.