Diagnose Untersuchungen bei Männern

Beim Männerarzt

Nicht jeder Mann war schon einmal beim Andrologen/bei der Andrologin („Männerarzt“). Für viele ist die Kinderwunschzeit der erste Anlass für einen Termin. Der Androloge/die Andrologin stellt Fragen zur Krankheitsgeschichte des Mannes selbst (z. B. zu Infektionen wie Mumps) sowie zu der seiner Familie bzw. seinen Eltern. Auch über das Sexleben des Paares und bereits bekannte Diagnosen erfragt ein Androloge/eine Andrologin Informationen. Alle diese Informationen geben Hinweise auf mögliche Ursachen dafür, warum eine Schwangerschaft (noch) nicht eingetreten ist. 

Arzt hält vergrößertes Spermamodell in seiner ausgestreckten Hand
© iStock / Shidlovski

Bei der körperlichen Untersuchung werden üblicherweise die Hoden untersucht und abgetastet, zum Beispiel auf Fehlbildungen oder Krampfadern. Bei bestehendem Kinderwunsch gehört auch ein Spermiogramm zu den Standarduntersuchungen.

Dazu muss ein Mann eine Spermaprobe abgeben. Vor einem Test sollte der Mann zwei bis drei Tage keinen Samenerguss (Ejakulation) haben Meist wird die Samenprobe durch Selbstbefriedigung (Masturbation) in einem abgeschiedenen Raum der Arztpraxis gewonnen. Nach Absprache ist es manchmal möglich, dies zu Hause zu tun.

  • Das Sperma muss nach der Ejakulation innerhalb von maximal 60 Minuten und vor allem körperwarm zur Arztpraxis oder zu einem Labor transportiert werden. Für diesen Zweck dürfen nur Spezialbehältnisse verwendet werden, die in der Arztpraxis oder einer Apotheke erhältlich sind. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Samenprobe verunreinigt oder aus anderen Gründen verfälscht wird. Weil sowohl Kälte als auch Hitze Sperma schädigen kann, transportiert man die Samenprobe am besten am Körper oder in der Hosentasche.
  • Beim Masturbieren darf kein Gleitmittel verwendet werden, da es die Beweglichkeit der Spermien vermindern kann. 
  • Mit Coitus interruptus, also durch Stimulation des Penis in der Vagina, kann keine geeignete Spermaprobe für ein Spermiogramm gewonnen werden.
  • Konnte die Samenprobe versehentlich nicht in vollem Umfang aufgefangen werden, ist es wichtig, dies in der Arztpraxis oder dem Labor mitzuteilen, da auch die Spermamenge beurteilt wird. 

Schnelltest zu Hause?

Im Internet und Drogerien werden gelegentlich sogenannte „Spermatests für zu Hause“ angeboten, mit denen Männer angeblich schnell und diskret feststellen können, wie es um ihre Fruchtbarkeit bestellt sei. Die Tests erlauben jedoch keine aussagekräftige Beurteilung des Samens und können eine ärztliche Beurteilung nicht ersetzen.

Die Tests ermitteln meist nur, ob die Spermienmenge pro Milliliter Ejakulat über oder unter 20 Millionen liegt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat als Richtwert für die Spermienzahl fruchtbarer Männer 15 Millionen Spermien pro Milliliter Ejakulat festgelegt. Wird er unterschritten, kann dies in der Tat ein Hinweis auf eine eingeschränkte Fruchtbarkeit sein. Die Spermienanzahl ist jedoch nur eines von vielen unterschiedlichen Kriterien, die für die Beurteilung des Spermas (Spermiogramm) wichtig sind.

Das Spermiogramm

Bei der Untersuchung der Samenflüssigkeit (Ejakulat) wird nicht nur die Menge an Spermien pro Samenerguss gemessen, sondern auch ihre Form, ihre Beweglichkeit, der pH-Wert der Samenflüssigkeit sowie zahlreiche weitere Eigenschaften. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Richtlinien zur Beurteilung befruchtungsfähiger Spermien erarbeitet, nach denen auch in Deutschland Samenproben beurteilt werden. Die Zusammenstellung der erhobenen Eigenschaften wird als Spermiogramm bezeichnet.

Normalwerte eines Spermiogramms

  • Volumen in ml: mindestens 1,5 ml
  • Gesamtzahl Spermien: mindestens 39 Millionen
  • Anteil lebender Spermien: mindestens 58 Prozent
  • Spermien pro ml: mindestens 15 Millionen
  • pH-Wert: zwischen 7 und 8
  • Anteil gut beweglicher Spermien: mindestens 32 Prozent
  • Anteil mit normaler Form: mindestens 4 Prozent
  • Zahl weißer Blutkörperchen: unter 1 Millionen pro ml
  • Verflüssigungszeit: zwischen 30 und 60 Minuten
  • MAR-Test: unter 50 Prozent Spermien-Antikörper

Wichtig ist, dass die Ergebnisse eine Momentaufnahme darstellen. Zum Beispiel können Infektionserkrankungen, aber auch ganz normale Erkältungen diese Werte beeinflussen. Wenn das Ergebnis beim ersten Spermiogramm Auffälligkeiten zeigt, können diese vorrübergehend sein. Deswegen wird ein Spermiogramm in der Regel nach sechs bis zwölf Wochen wiederholt. Lebensstilveränderungen wie Raucherentwöhnung oder Gewichtsabnahme können sich positiv auf die Spermienqualität und die Spermiogrammergebnisse auswirken.

Die genauen Ergebnisse und Ihre Bedeutung für den Kinderwunsch, erklärt Ihnen der Androloge/die Andrologin.

Falls sich im zweiten Spermiogramm immer noch deutliche Normabweichungen zeigen, sind unter Umständen weitere Untersuchungen nötig. Das kann zum Beispiel eine Hormonuntersuchung sein oder eine Ultraschall-Untersuchung der Samenwege.

Die Hodenfunktionen – und damit die Bildung von Samenzellen – sind von der Bildung und Ausschüttung bestimmter Hormone abhängig. Durch Hormonwertbestimmungen des Blutes lassen sich Störungen im Hormonhaushalt feststellen.

Kosten

Wird das Sperma des Mannes untersucht, um mögliche Ursachen eines unerfüllten Kinderwunsches abzuklären, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen im Allgemeinen alle anfallenden Kosten. Ansonsten wird die Untersuchung des Samens als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) privat abgerechnet und kostet inklusive Auswertung und Beratung zwischen 80 und 200 Euro kosten. 

Angst vorm Spermiogramm?

Bei dem Gedanken an einen Spermiogramm verspüren nicht wenige Männer großen Widerwillen. Sie fürchten die Situation in der Arztpraxis, noch mehr aber das mögliche Ergebnis des Samentests. Männliche Unfruchtbarkeit ist immer noch ein Tabu.

Bleibt die erhoffte Schwangerschaft aus, sucht meist zuerst die Frau ärztlichen Rat und lässt mögliche Ursachen klären. Die Gründe für eine ungewollte Kinderlosigkeit liegen aber bei etwa der Hälfte aller Paare auch oder allein beim Mann. Daher bittet die Ärztin oder der Arzt den Partner im Regelfall bald um einen Samentest.

Dennoch kommt es vor, dass Monate oder gar Jahre vergehen, bis Männer sich zu einem Spermiogramm durchringen können – obwohl sich die Partnerin bereits hat untersuchen lassen oder gar schon behandelt wird. Dadurch verstreicht oft wertvolle Zeit, denn mit dem Älterwerden sinken die Erfolgschancen einer möglichen Kinderwunschbehandlung.

Der Mann sollte seinen Samen immer auch dann untersuchen lassen, wenn bei der Partnerin eine Fruchtbarkeitsstörung bereits festgestellt wurde. Ist ebenso seine Fruchtbarkeit beeinträchtigt, hilft es nicht, allein die Frau zu behandeln.

Fruchtbarkeit und Männlichkeit

Lange Zeit hat die Medizin die Augen davor verschlossen, dass die Ursache für eine ausbleibende Schwangerschaft auch beim Mann liegen kann. Richtwerte für befruchtungsfähiges Sperma wurden erst 1980 durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegt. Davor suchte man die Ursachen von ungewollter Kinderlosigkeit fast ausschließlich bei der Frau.
Die Gründe für diesen „blinden Fleck“ der Wissenschaft liegen vor allem in der engen Verknüpfung von Potenz und Männlichkeit. Ein „männlicher“ Mann gilt im Allgemeinen automatisch als potent. Ein potenter Mann hat wiederum in der Lage zu sein, viele Kinder zu zeugen …

„Ich bin fit und somit fruchtbar!“

Ein ungünstiger Laborbefund (Spermiogramm) trifft die meisten Männer völlig unvorbereitet. Sie fühlen sich nicht krank, sie haben Sex und Orgasmen und ejakulieren ganz normal. Sie funktionieren, sind gesund und gehen deshalb davon aus, auch fruchtbar zu sein. Die Nachricht, dass sich zu wenige oder gar keine befruchtungsfähigen Spermien in ihrem Ejakulat befinden, kann sie daher tief in ihrem Selbstverständnis als Mann treffen – zumal sie das vermeintliche Urteil über ihre Männlichkeit auch noch schriftlich bekommen.

Obwohl Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit nichts mit Männlichkeit oder Potenz zu tun haben, kann die Seele leiden. Manche Männer, die erfahren, dass sie auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen können, reagieren mit plötzlicher Unlust beim Geschlechtsverkehr. Das Wissen, dass nichts „passieren“ kann, lässt Sex mit einem Mal sinnlos erscheinen.

Männer trauen sich häufig nicht, ihre Sorgen und Befürchtungen mit ihrer Partnerin oder einer anderen Vertrauensperson zu bereden. Und so kommt es, dass manche ihre Partnerin über lange Zeit mit dem Versprechen vertrösten, bald einen Samentest machen zu lassen, sich dann aber doch nicht dazu durchringen können.

Der Weg zum Spermiogramm

Die meisten Männer kostet es Überwindungskraft, in einer Arztpraxis auf Kommando zu masturbieren, um eine Samenprobe abgeben zu können. Das ist verständlich, denn unter normalen Umständen wird es Männern nicht abverlangt, etwas derart Intimes in einer Arztpraxis zu tun. Daher lohnt sich eine gute Vorbereitung auf diese Situation. Dazu gehört zum Beispiel, sich von Freunden und Bekannten gute Urologen oder Andrologen empfehlen zu lassen und sich in der Praxis einmal den Abgaberaum zeigen zu lassen, bevor die Spermaprobe abgegeben wird. Mitarbeitende dieser Praxen haben Verständnis für die Herausforderungen in dieser Situation und versuchen Männer so gut es geht durch die Gestaltung der Räumlichkeiten und der Prozesse zu unterstützen. 

Behandlung

Je nach Ausprägung der Fruchtbarkeitsstörung kommen verschiedene Verfahren der künstlichen Befruchtung infrage. Sie können helfen, den Kinderwunsch trotz eingeschränkter Fruchtbarkeit zu erfüllen. Dazu zählen unter anderen die Samenübertragung in die Gebärmutter (Insemination), die In-vitro-Fertilisation (IVF), die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), die Testikuläre Spermienextraktion (TESE) und die Mikrochirurgische Epididymale Spermienaspiration (MESA).

Untersuchungen bei Männern

  • Abtasten von Hoden, Nebenhoden, Prostata und Bläschendrüsen
  • Bei Bedarf Durchführung einer Ultraschalluntersuchung der Geschlechtsorgane, der Prostata und Harnwege
  • Erstellung eines Spermiogramms: Es stellt die Anzahl der intakten Samenzellen und deren Beweglichkeit fest.
  • Je nach Befund Hormonuntersuchungen und genetische Untersuchungen