Soll ich meinem Kind sagen, dass es durch eine Kinderwunschbehandlung entstanden ist?

Vier Holzfiguren stehen auf einem Kalender
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Ist ein Kind mit einer Samenspende entstanden, dann ist die Aufklärung darüber für die Identität des Kindes sehr wichtig. Es hat zudem ein Recht darauf, seine Abstammung zu kennen. Wenn Sie beide leibliche Elternteile sind und eine Kinderwunschbehandlung notwendig war, kennt das Kind seine genetische Abstammung. Für die Identitätsbildung ist es nicht entscheidend zu wissen, wie es gezeugt wurde. Trotzdem gibt es Gründe, die dafürsprechen, es dem Kind zu sagen. Lassen Sie uns das einmal genauer anschauen.

Noch bevor Sie zum ersten Mal in einem Kinderwunschzentrum sind, haben Sie sich höchstwahrscheinlich damit befasst, welche Verhaltensweisen ungünstig sind, um schwanger zu werden. Also mit den Themen Rauchen, Alkohol, Drogen, Medikamente, Gewicht und Sport. Auch wenn all diese Punkte im grünen Bereich sind, brauchen manche Paare Hilfe, um schwanger zu werden. Nicht selten stellen sich Betroffene die Frage, ob ihre eingeschränkte Fruchtbarkeit genetisch bedingt sein könnte. Damit ist einerseits gemeint, ob sie vielleicht ererbt ist. Und andererseits fragen sie sich auch häufig, ob ihre eigene eingeschränkte Fruchtbarkeit an ihr Kind vererbt werden kann.

Wir wissen, dass der genetische Bauplan des Kindes (der Chromosomensatz) zu jeweils 50 Prozent von Mutter und Vater stammt. Doch trotzdem sind diese 50 Prozent nicht genau gleich mit den Erbinformationen des jeweiligen Elternteils. Schon bei der Bildung von Eizellen und Samenzellen können kleine Veränderungen (Mutationen) an den Genen selbst oder an ihrer Verteilung entstehen. Aber auch bei der normalen Zellteilung nach der Befruchtung können so genannte Spontanmutationen entstehen. Diese Mutationen sind dann nur bei dem Kind vorhanden, nicht bei den Eltern.
 

Eine mikroskopische Aufnahme einer DNA-Sequenz
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Ob eine Schwangerschaft entsteht oder nicht wird aber nicht allein durch die Genetik bestimmt. Denn nicht alle vorhandenen Gene sind auch aktiv. Ob und welche aktiv sind, ist nicht immer von vornherein festgelegt. Auch Umwelteinflüsse wie Ernährung oder Erkrankungen können Gene aktivieren und so die Funktionsweise des Körpers und somit auch die Fruchtbarkeit beeinflussen. 

Es gibt aber Gene, die eine indirekte Wirkung auf die Fruchtbarkeit haben. Das ist zum Beispiel bei ererbten Krankheiten wie Stoffwechsel-, Hormon- oder Gerinnungsstörungen der Fall. Hier wird aber erstmal nur ein erhöhtes Risiko an das Kind vererbt, diese Erkrankung zu bekommen. Das heißt, die Erkrankung der Eltern kann beim Kind ausbrechen, aber es muss nicht so sein. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist höher als bei Eltern, die diese Erkrankung nicht hatten. Die Gene können so also indirekt auf die Fruchtbarkeit des Kindes wirken.

Im Moment fehlen aus der Forschung noch Daten, um sagen zu können, ob und wenn ja, was davon über die Gene an Kinder weitergegeben wird. Auch wenn im Moment keine Aussage darüber möglich ist, wie wahrscheinlich ein Kind aus einer Kinderwunschbehandlung später selbst eine Kinderwunschbehandlung benötigt, kann es sinnvoll sein, Ihr Kind über dessen Entstehung zu informieren.

Nun stellt sich noch die Frage, wann Sie mit Ihrem Kind darüber sprechen sollten. Hier haben Sie einen gewissen Spielraum. Sie können es wie bei der Samenspende von Beginn an bereits ab der Schwangerschaft tun. So wird es normal, darüber zu sprechen, auch in Ihrem Umfeld. Sie haben aber auch die Möglichkeit zu warten, bis Ihr Kind erwachsen ist.
 

Ein Vater sitzt mit seinem Sohn auf einer Bank
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Welchen Weg Sie wählen, kann von der Diagnose abhängen, die bei Ihnen im Kinderwunschzentrum gestellt wurde. Die Vererbungswahrscheinlichkeit ist je nach Erkrankung unterschiedlich. Sie sollten jedoch nicht so lange warten, bis Ihr Kind selbst einen eigenen Kinderwunsch hat. Je nachdem, wann dies der Fall ist, könnte Ihrem Kind dadurch wertvolle Zeit für Diagnostik und Behandlungsversuche verloren gehen.

Daher empfehle ich Ihnen, spätestens dann mit Ihrem Kind über die Kinderwunschbehandlung und Ihre Diagnose zu sprechen, wenn es 20 Jahre oder spätestens 25 Jahre alt ist. So bleibt dem Kind noch genügend Zeit, die Familiengeschichte im Rahmen von Vorsorge- oder anderen ärztlichen Untersuchungen zu besprechen und frühzeitig bestimmte diagnostische Maßnahmen einzuleiten.

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, wie Sie das machen sollen. Um für sich selbst einen Plan zu entwickeln, brauchen Sie Klarheit. Und zwar zunächst darüber, was Sie Ihrem Kind antworten, wenn es fragt, wie Babys entstehen oder wie es selbst entstanden ist. Am besten sprechen Sie in Ihrer Partnerschaft darüber, was Sie auf diese Frage antworten möchten. Vielleicht fragen Sie sich, wie Sie mit einem kleinen Kind über eine komplexe Sache wie eine Kinderwunschbehandlung sprechen können. Wenn Sie sich hierfür Unterstützung und Hilfestellungen wünschen, suchen Sie eine Kinderwunschberatung in einer Beratungsstelle auf – auch zu diesem Thema finden Sie dort Hilfe. Oder suchen Sie nach Kinderbüchern, die das Thema Kinderwunschbehandlung kindgerecht erklären. Es gibt mittler weile eine ganze Vielfalt, die es einem Kind sogar ermöglicht zu diesem Thema ein Lieblingsbuch auszuwählen, Hier können Sie sich inspirieren lassen und dann Ihre eigenen Worte dafür finden. 

Ich hoffe, Sie haben in diesem Artikel Anregungen für sich gefunden. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Aussagen nochmal in Kurzform:

  • Die Forschung kann derzeit noch keine Daten und Aussagen liefern, ob und in welchem Umfang Erkrankungen und genetische Einflüsse auf die Fruchtbarkeit vererbt werden. Möglicherweise wird ein Kind aus einer Kinderwunschbehandlung selbst eine medizinische Behandlung benötigen, um ein Kind zu bekommen. Deswegen sollten Sie Ihr Kind aufklären, dass es durch eine Kinderwunschbehandlung entstanden ist.
  • Sie können Ihr Kind und Ihr Umfeld von Beginn an aufklären. So wird die Kinderwunschbehandlung ein normaler Teil Ihres Lebens und im Leben Ihres Kindes. Sie können auch warten, bis Ihr Kind erwachsen ist. Im Alter zwischen 20 und 25 Jahren sollten Sie es spätestens darüber aufklären. So bleibt noch ausreichend Zeit für eventuell notwendige Diagnostik.

Autorin: Sally Schulze

Sally Schulze ist Diplom-Psychologin, approbierte Psychotherapeutin und zertifizierte BKiD-Kinderwunschberaterin.